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Niederdeutscher Literaturpreis der Stadt Kappeln
Ein Beispiel langfristiger Kulturpolitik in der Kommune
 
Grundlage
Am 28. November 1990 fassten die Stadtvertreter der Stadt Kappeln folgenden Beschluss:
„Die Stadtvertretung beschließt die Vergabe eines niederdeutschen Literaturpreises auf der Grundlage des SPD-Antrages vom 02.07.1990 und den Ausführungen 1. bis 10. der Vorlage der CDU-Fraktion vom 28.11.1990.“. Mit diesem Beschluss wollte die Stadtvertretung zwei Ziele erreichen.
1.      Plattdeutsch ist (noch) Umgangssprache in der Region  Angeln mit erkennbar rückläufiger Tendenz. Durch den Literaturpreis und ein über das ganze Jahr gespanntes Kulturangebot wird versucht, dem Rückgang im Gebrauch entgegenzutreten und der Sprache neue Freunde zu gewinnen.
2.      Die Preisvergabe wird in den gesamten Medien Norddeutschlands wahrgenommen und bringt Kappeln als einen Ort ins Gespräch, der mit kulturellen Angeboten um Gäste wirbt. 
 
Vorgeschichte
Initiiert wurde dieser Beschluss durch Stadtvertreter Ingobert Andresen, der das dann beschlossene Konzept in enger Zusammenarbeit mit dem Landesgeschäftsführer des SHHB, Dr. Willy Diercks unter Einbeziehung des Ausschusses für Niederdeutsch im SHHB entwickelt hatte. Dieses Vorhaben fand bei den Beteiligten und auch im Umfeld nach anfänglichen Bedenken vielfache Zustimmung. Auch der Vorstand des Schleswig-Holsteinischen Heimatbundes (SHHB) unterstützte die Idee.
 
Partnerschaft mit dem SHHB, die Jury und die Ausgestaltung des Preises
 Im Mai 1991 wurde zwischen der Stadt Kappeln und dem SHHB, vertreten durch den ersten Vorsitzenden Uwe Ronneburger, eine enge Zusammenarbeit vereinbart. Seither stellt der SHHB eine ehrenamtlich arbeitende Jury, die in der Auswahl und Nominierung des Preisträgers keinen Weisungen unterliegt. Diese Unabhängigkeit der Jury war für den Erfolg des Preises von größter Wichtigkeit, weil so gewährleistet wurde, dass nicht zufällige fachfremde Wünsche auf Kosten der Qualität des Preises zum Zuge kommen konnten. Die Jury-Mitglieder werden vom SHHB berufen. Für die Ehrenamtlichkeit der Jury ist die Stadt Kappeln sowohl wegen der Fachkompetenz als auch angesichts der kommunalen Finanznöte sehr dankbar.
Seitdem ist der SHHB für die Stadt Kappeln ein hervorragender Partner. Seine Aktivitäten werden regional und überregional zur Kenntnis genommen, er verfügt über fachliche Kontakte in andere Bundesländer und arbeitet mit hochqualifizierten Experten aus den unterschiedlichsten Bereichen (Literaturpflege, -forschung, -interpretation, -kritik) zusammen.
Diese Kompetenz befördert die Arbeit des städtischen Beirates für Niederdeutsch und findet sich in der Jury wieder. Sie garantiert die hohe Qualität des Preises. Gegenwärtig sind in der Jury Christoph Ahlers vom NDR in Kiel, Jan Graf vom SHHB in Molfsee, Robert Langhanke von der Europa-Universität Flensburg, Heiko Gauert vom Plattdeutschen Rat für Schleswig-Holstein und die oder der PreisträgerIn aus dem Vorjahr. 
Im Gegenzug verpflichtet sich die Stadt Kappeln im jährlichen Rhythmus den Preis zu vergeben, der mit 3.000,- € ausgestattet wird. Für die gesamte Finanzierung werden jährlich 6.000,- € im Haushalt bereitgestellt.
Rückblickend auf die Jahre in denen der Literaturpreis vergeben worden ist, lässt sich feststellen, dass die Jury in ihrer Arbeit keine ausgetretenen Wege beschritten hat, sondern mit jeder Preisvergabe neue Akzente gesetzt und Risikobereitschaft bewiesen hat.
Die bisherigen Preisträger waren in den Bereichen Literatur, Theater, Kabarett, Lieder, Liedermacher, Übersetzung, Konzepte von Redaktionen, Jugendkulturarbeit zu Hause oder wurden für ihr Lebenswerk ausgezeichnet. Sie stehen für die enorme Bandbreite des Niederdeutschen Literaturpreises der Stadt Kappeln. In der niederdeutschen Öffentlichkeit wird die Preisvergabe intensiv verfolgt und man ist in jedem Jahr gespannt, welchen Vorschlag die Jury präsentiert.

Der Beirat für Niederdeutsch in Kappeln
Seitens der Stadt Kappeln wurde gleichzeitig mit dem Literaturpreis ein Niederdeutscher Beirat gebildet, um die Umsetzung des Beschlusses in die Praxis zu organisieren. In dem Beirat befinden sich zwei von der Stadtvertretung benannte Personen. Hinzu kommt ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung. Der Beirat arbeitet mit dem SHHB eng zusammen, er organisiert die Verleihung des Niederdeutschen Literaturpreises sowie jährlich  unterschiedlichste plattdeutsche Veranstaltungen, wie Präsentation der Preisträger in Kappeln, Autorenlesungen, besondere Theateraufführungen, Vorstellung plattdeutscher Klassiker wie Fritz Reuter oder Klaus Groth durch namhafte Rezitatoren und Fachvorträge. Damit fördert der Niederdeutsche Beirat in Kappeln die Pflege des Niederdeutschen und ermöglicht so ganzjährig niederdeutsche Angebote in der Stadt, die anders nicht stattfinden würden. Die Niederdeutsche Arbeit an den Kappelner Schulen wird vom Beirat unterstützt. Er lädt die Lehrkräfte der Schulen, die sich für das Niederdeutsche im Unterricht engagieren zu Gesprächsrunden ein, fördert die Beschaffung geeigneter Unterrichtsmaterialien und organisiert jährlich Treffen aller Schülergruppen, die plattdeutsche Aufführungen, Lieder oder Textbeiträge erarbeitet haben.

Niederdeutscher Literaturpreis Kappeln heute
Der Niederdeutsche Literaturpreis der Stadt Kappeln hat über die Jahre immer größere Bedeutung in der Fachöffentlichkeit ebenso, wie im Bewusstsein der Menschen in Kappeln und ganz Schleswig-Holstein gefunden. Dies zeigt sich an der Resonanz, die die Preisverleihung in der Öffentlichkeit findet. Häufig ist der Bedarf nach Teilnehmerkarten größer als das Platzangebot und es können nicht alle Wünsche erfüllt werden.
Der NDR Kiel, der über die Preisvergabe seit Beginn an in seinen Sendungen ausführlich berichtete, hat einen sehr großen Anteil daran, dass der Preis so bekannt geworden ist. Aber auch die regionalen und überregionalen Printmedien berichten regelmäßig (teils sehr ausführlich) über das Ereignis und befördern damit den Bekanntheitsgrad.Zu allen Preisvergaben kann Kappeln Gäste aus dem Landtag (meistens Landtagspräsident bzw. Stellvertreter sowie Landtagsabgeordnete) und der Landesregierung (oft die Fachminister für Kultur, aber auch z.B. die ehemalige Ministerpräsidentin Frau Heide Simonis) begrüßen. Mit ihrer Anwesenheit bekunden sie alle, welch hohen Stellenwert der Preis, aus Sicht der Verantwortlichen für Schleswig-Holstein, hat.
Die Jury ist verpflichtet, ihre Entscheidung zu begründen. Folglich hielt in den Anfangsjahren ein Mitglied der Jury die Laudatio auf den Ausgezeichneten. Inzwischen sind auch immer wieder hoch qualifizierte Fachkenner aus dem Umfeld der Preisträger bereit, die Laudatio zu halten. Damit hat die Preisvergabe an Reiz und Überraschungsmomenten gewonnen.
Z. B. referierte Ernst Christ über Irmgard Harder, Ina Müller und Jochen Wiegandt, Dr. Reinhard Goltz über Prof. Dr. Reimer Bull, Propst Kamper über Dr. Dieter Andresen, Intendant Christian Seeler über Hartmut Cyriacks und Peter Nissen, Dr. Jochen Schütt über Johann D. Bellmann.

Bleibt abschließend fest zu halten, dass die Reihe der Preisträger sich wie ein „Who is Who“ der ganzen niederdeutschen Szene liest. Wie hoch die Geehrten den Wert dieser Ehrung einstufen, zeigt sich daran, dass sie gerne auf diese Auszeichnung in ihren biographischen Daten z. B im Klappentext oder auch Interviews verweisen und noch niemand die Annahme des Preises abgelehnt hat.

Autor :
Niederdeutscher Beirat der Stadt Kappeln

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